Allgemein Rezensionen

Brandstifter

Meine erste Begegnung mit William Faulkner war seine Erzählung Brandstifter. Der 1897 geborene Faulkner schrieb Brandstifter als Prolog für seine Roman-Trilogie, die die Geschichte der Snopes-Familie behandelt.

“Der Laden, in dem der Friedensrichter die Verhandlung leitete, roch nach Käse.” Der Junge Colonel Sartoris Snopes oder kurz Sarty kauert im Hintergrund des Ladens, in dem gegen seinen Vater, Abner Snopes, wegen Brandstiftung verhandelt wird. 

Snopes wird aus Mangel an Beweisen freigesprochen, soll jedoch unverzüglich die Stadt verlassen. Er bricht noch am gleichen Tag mit der Familie auf. Die Familie kommt schließlich auf dem Landgut an, das Snopes von nun an pachten wird. Bei einem unangekündigten Besuch im Hause seines neuen Arbeitgebers De Spain beschmutzt er einen teuren Teppich, den er daraufhin reinigen soll.

De Spain verlangt von Snopes zwanzig Scheffel Mais als Wiedergutmachung. Dieser verklagt seinen Herrn. Jedoch gibt der Friedensrichter De Spain Recht, setzt aber das Strafmaß um die Hälfte herunter. Snopes fühlt sich betrogen und trifft Vorbereitungen, um die Farm niederzubrennen.

Sein Sohn Sarty will das verhindern und reißt sich von seiner Mutter, die ihn festhalten soll, los, um De Spain zu warnen. De Spain reitet umgehend los und Sarty hört nur noch drei Schüsse. Er läuft fort und trauert um seinen Vater und seinen Bruder.

Brandstifter ist nicht einfach die Geschichte einer Vater-Sohn-Beziehung und des moralischen Dilemmas, in dem sich Sarty befindet. Die Erzählung ist vielmehr die Geschichte der prekären Situation einer sozial niedrig stehenden Gesellschaftsschicht im Amerika der Jahre nach dem Bürgerkrieg.

Gerichtsverhandlungen werden in einem schäbigen Lebensmittelgeschäft durchgeführt. Dem gegenüber steht das feine Herrenhaus der Familie de Spain mit dem teuren, hellen Teppich, den Snopes mit seinen schmutzigen Schuhen befleckt. Während Snobes mit seinem Sohn Sarty zur Villa geht, wird klar, was er über die reiche Gesellschaft denkt. “Hübsch weiß, was? […] Das ist Schweiß. Niggerschweiß. Vielleicht ist’s ihm noch nicht weiß genug. Vielleicht möcht er auch noch weißen Schweiß reinmischen.” Zwar fühlt er sich den schwarzen Sklaven noch überlegen. Ihm ist jedoch klar, dass seine Situation als von reichen Gutsbesitzern abhängiger Ernährer seiner Familie eine ähnliche ist. Zentrales Motiv der Geschichte ist also die Ungleichheit aufgrund von Rasse und Besitz. Der gesamte Besitz der Familie Snopes besteht in einer Wagenladung, mit der sie von Gut zu Gut ziehen.

In Brandstifter nutzt Faulkner das Motiv des Protagonisten und des Antagonisten, verkörpert durch Sarty und seinen Vater Abner. Die dadurch entstehende Spannung zieht sich durch die gesamte Erzählung. Darüber hinaus ist die Suche nach Frieden ein starkes Motiv. Sarty wächst in einer Umgebung der Gewalt und Loyalitätskonflikte auf, der er sich erst zu entziehen weiß, als sein Vater und sein älterer Bruder vermeintlich erschossen wurden.

Das Ende der Erzählung bleibt offen. Es wird nicht geklärt, ob Sarty schließlich zu seiner Familie zurückkehrt und ob tatsächlich jemand durch die drei abgegebenen Schüsse verletzt oder gar getötet wurde.

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