Rezensionen

Ein Leben im Zeitraffer

Oskar ist zehn Jahre alt. Statt wie andere Kinder in seinem Alter auf Baumen herumzuklettern und draußen Fahrrad zu fahren, verbringt Oskar seine Zeit in einem Krankenhaus verbringen. Oskar hat Leukämie. Nachdem Chemotherapie und Knochenmarktransplantation nicht zur Heilung geführt haben, lauscht Oskar zufällig einem Gespräch des Chefarztes mit seinen Eltern. Er hat nicht mehr lange zu leben. Was für ihn schlimmer ist, als die Tatsache sterben zu müssen, ist das Verhalten der Menschen um ihn herum, die Verängstigung seiner Eltern, die nicht wissen, wie sie mit der Situation und mit ihrem Sohn umgehen sollen. Sie überhäufen ihn mit Geschenken als Ersatz für die Gefühle, die sie nicht zeigen können.

Die einzige Person, die sich in dieser Situation als vertrauenswürdig und als tröstend herausstellt, ist die Dame in Rosa. Von ihr erhält Oskar den Rat, dem lieben Gott Briefe zu schreiben, um seine Sorgen loszuwerden, und für jeden Tag, der ihm noch bleibt sich einen anderen Lebensabschnitt vorzustellen. Und so macht er im Schnelldurchlauf Pubertät, die erste Liebe, den ersten Liebeskummer, Midlife-Crisis, das Alter durch. Am zwölften Tag ist die Zeit für den Abschied gekommen und Oskar schreibt: “Nur der liebe Gott darf mich wecken!”

Die Geschichte des kleinen Oskar ist recht einfach gestrickt. Auf gerade einmal hundert Seiten aber schafft es Schmitt eine zutiefst traurige und doch hoffnungsvolle, ergreifende Atmosphäre heraufzubeschwören. So rührselig das Thema ist, wird es doch humorvoll behandelt und als Leser erhält man tiefe Einblicke in die Gefühlswelt dieses Zehnjährigen, der noch schnell die Erfahrungen, die zu machen ihm nicht vergönnt sind, im Spiel erleben will.

 

978-3-596-50987-4Eric-Emmanuel Schmitt
Oskar und die Dame in Rosa

Erzählung
Aus dem Französischen von Annette und Paul Bäcker
8,00 Euro
ISBN: 978-3-596-50987-4
Fischer Taschenbibliothek

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