Dieses Jahr feiern Protestanten 500 Jahre Reformation. Unweigerlich omnipräsent ist in dem Zusammenhang Martin Luther. Auch der in Kiel lebende Autor Feridun Zaimoglu hat sich in seinem neuen Roman Evangelio mit Luther auseinandergesetzt und hat es damit auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2017 geschafft. Ich habe das Buch lediglich quergelesen und bin dementsprechend zu keinem eindeutigen Urteil gekommen.
„Der Teufel gab mir die Kiefersperre […], ihn hat der Krieger geschlagen. Satan ist der Vater meiner Theologie, ohne die Anfechtung hätt ich nicht können finden zum Heil.“
Zaimoglu ist ein Meister der Sprache
Das Erste, das einem bei Evangelio auffällt, ist wohl die ungewohnte Sprache. Nun lebte Luther in der frühen Neuzeit, und die deutsche Sprache hat sich seitdem enorm verändert. Dennoch ist Zaimoglus Sprache nicht die authentische Sprache dieser Zeit. Vielmehr hat er eine eigene Sprache entwickelt, so wie er es auch schon in Romanen zuvor getan hat. Der Schöpfer der “Kanak Sprak” hat für Evangelio quasi die “Luther Sprak” geschaffen. Dies mag zunächst verstören oder ungewohnt zu lesen sein, zeigt aber die großen sprachlichen Fähigkeiten Zaimoglus.
„Kratzt mit der Feder Runen, als würd der Dämon der Macht ihm Zauberziffern in den Geist bluten“
Ein Gegenpol zur Luther-Feierei
Während des Luther-Jahres finden zahlreiche Veranstaltungen statt, Bücher kommen auf den Markt, in denen der Reformator gepriesen und hochgehalten wird. Zaimoglus Werk wirkt hier ein wenig wie ein Gegenpol zum Luther-Kult und bringt etwas Ernüchterung. Er beschreibt eine Zeit und einen Menschen, die uns heute fremd sind, in einer Sprache, die uns fremd erscheint. Leider blieb mir auch der Roman dabei fremd.
Feridun Zaimoglu
Evangelio. Ein Luther-Roman.
Kiepenheuer & Witsch
345 Seiten
EUR 22,-