2015 haben die vier Studenten Sebastian Frenzel, Laura Jacobi, Philip Krömer und Joseph Reinthaler in Erlangen den homunculus Verlag gegründet und können mittlerweile ein interessantes Programm mit liebevoll gestalteten Büchern vorweisen. Ich habe dreien der Jungverleger einige Fragen gestellt.
Im letzten Jahr habt Ihr vier den homunculus Verlag gegründet. Wer seid Ihr, erzählt ein wenig von Euch.
Sebastian: Wir kennen uns seit dem ersten Semester an der Universität (Kunststück: wir haben alle im Bachelor die Fächerkombination Germanistik/Buchwissenschaft gewählt), haben immer schon viel miteinander unternommen – aber auch schon früh Ideen geschmiedet und kleinere Projekte wie einen Hörbuchverlag aufgezogen. Man könnte also sagen, dass wir uns langsam an den homunculus verlag herangetastet haben.
Als sich dann im fortgeschrittenen Studium die Frage nach der beruflichen Zukunft aufdrängte, war uns schnell klar, dass wir mit einem eigenen Verlag den Schritt in die Professionalität wagen wollten.
Die deutsche Verlagslandschaft ist nicht gerade klein. Was hat Euch dazu bewogen, einen neuen Verlag zu gründen, statt bei einem etablierten Literaturverlag anzufangen?
Laura: Gereizt hat uns ganz klar die enorme kreative Freiheit, die ein eigener Verlag mit sich bringt: Man entscheidet selbst, welche Bücher man macht, wie man sie macht und wie man sie verkauft. Da drängten so viele Ideen ans Tageslicht – die hätten wir so in keinem fremden Unternehmen umsetzen können.
Worauf du wohl ebenfalls anspielst, ist die Frage, ob wir als junge Neuverleger einen gewissen Konkurrenzdruck spüren. Das tun wir tatsächlich nicht. Mit den ganz großen Verlagshäusern können wir gar nicht direkt konkurrieren, daher machen die einem auch keine Angst. Unter den Klein- und Kleinstverlegern wiederum herrscht vielmehr eine große Kollegialität. Das zeigen allein Institutionen wie die Kurt-Wolff-Stiftung: Hier ziehen alle an einem Strang, und der heißt Vielfalt.
Was unterscheidet homunculus von anderen Verlagen? Wie sieht Euer Programm aus?
Laura: Von anderen kleinen Verlagen unterscheidet uns, dass wir uns kein Orchideen-Thema, keine Nische gesucht haben, sondern von Anfang an mit unserem Programm ein breites Spektrum abdecken: Klassiker und Zeitgenössisches, gedrucktes Buch, eBook, Nonbook, Literaturzeitschrift. Inhaltlich kann man uns darüber hinaus wohl ein Faible für Skurriles sowie einen gewissen Hang zur Nostalgie »unterstellen«.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal haben wir uns damit geschaffen, dass wir den Großteil der Herstellung nicht aus der Hand geben. Satz und Coverdesign wurden ebenso wenig ausgelagert wie das Lektorat. Das gibt unseren Produkten eine ganz spezielle eigene Note – die vom Publikum auch als solche wahrgenommen wird.
Wie seid Ihr auf den Namen homunculus gekommen?
Sebastian: Die Namensfindung hat einige Zeit in Anspruch genommen. Uns war von Anfang an klar, dass der Verlagsname griffig sein sollte, ein Name, unter dem man sich sofort etwas vorstellen kann. Der Name homunculus hat uns alle überzeugt: Er ist traditionsreich und modern zugleich und mit einer Prise Phantastik gewürzt. Er steht für das Bestreben, Belebtes aus Unbelebtem zu schaffen, wie es auch Literatur im übertragenen Sinne vermag. In der Wahrnehmungsphilosophie bezeichnet der Homunculus außerdem die interpretierende Funktion unseres Geistes. ‒ Allesamt gute Gründe. Und nicht zu verachten: Der Name gefiel uns auch ganz subjektiv.
Mit „Seitenstechen“ habt Ihr der deutschen Literaturszene eine neue Literaturzeitschrift geschenkt. Wo liegen die Schwerpunkte der Zeitschrift?
Joseph: Der Schwerpunkt der Zeitschrift ist sehr methodisch. Jede Ausgabe versammelt Texte im Strahlungsbereich eines Themas. Das ist erst einmal nicht ungewöhnlich. Die konzeptuelle Besonderheit von Seitenstechen finden wir in der Textzusammenstellung. Wir versammeln literarische Stimmen aus praktisch allen Jahrhunderten neben den Texten aktueller Autoren. Vielstimmigkeit und Zeitlosigkeit sind schließlich oberste Pflicht. In unserer nächsten Ausgabe, die im August zu dem Thema „Dunkle Energie“ erscheint, finden wir also Texte von Dante Alighieri bis Durs Grünbein.
Wie seht Ihr die Zukunft Eures Verlages? Wo wollt Ihr hin?
Sebastian: Ganz klar: Wir wollen weiterhin gute Literatur machen!
Vielen Dank für das Interview!
Wer jetzt noch mehr über diesen jungen Verlag wissen möchte, hier gibt es ein Video-Portrait von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
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