Zeiden, im Januar
Der Roman ist Ursula Ackrills Debüt, mit dem sie es auf Anhieb auf die Shortlist der Leipziger Buchmesse 2015 geschafft hat. Die Autorin stammt aus Siebenbürgen und lebt heute im englischen Nottingham, wo sie als Bibliothekarin arbeitet. “Zeiden, im Januar” ist eine Geschichte der Siebenbürger Sachsen, jener deutschen Minderheit, die seit dem 12. Jahrhundert im heutigen Rumänien ansässig ist. Eine Geschichte ihrer Heimat.
Weitestgehend spielt der Roman im Januar 1941. Der Zweite Weltkrieg währt bereits zwei Jahre, Hitlers Armee ziehen durch Europa und die Lage der Siebenbürger Sachsen ist alles andere als gewiss. Seit einiger Zeit gehört Siebenbürgen zu Rumänien und die deutschsprachige Minderheit steht vor der Frage, wo sie hingehört. Deutsches Reich oder Rumänien, rumänische Armee oder Waffen-SS?
In diesem Kontext erzählt der Roman von Leontine Philippi und ihrem geliebten Albert, dem bejubelten Piloten. Er erzählt von Maria, der jungen Ziehtochter Leontines, die in Bukarest lebt und Bedenken hat, weil sie für einen jüdischen Chef arbeitet.
Verschachtelt und teilweise verwirrend
Ackrills Roman wechselt im Verlauf häufig zwischen unterschiedlichen Handlungssträngen und in der erzählten Zeit. Mal befinden wir uns Anfang des 20. Jahrhunderts, dann in den Zwanziger Jahren, um dann wieder ins Jahr 1941 zurückzukehren. So bekommt man eine leise Ahnung von der Geschichte der Sachsen in Siebenbürgen, in deren Geschichte sie unterschiedlichsten Herrschern Untertan waren. “Zeiden, im Januar” ist ein starker Roman, erfordert jedoch auch starke Konzentration, um der Handlung zu folgen und nicht der Versuchung zu erlegen, das Buch verwirrt zur Seite zu legen.
Was bedeutet Heimat?
Kämpft man sich aber durch die Passagen des Buches, dann stellt sich einem fast unweigerlich die Frage, was Heimat eigentlich ist. Kann Siebenbürgen Heimat sein für die Siebenbürger Sachsen, wenn man die Frage nicht einmal beantworten kann, ob Heimat überhaupt ein Ort ist? „Nicht da ist man daheim,
wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird“, sagte Christian Morgenstern einmal. Das Verstehen ist dabei nicht auf die Sprache allein bezogen. Verstanden wird man auch über gewisse kulturelle Codes, die man gemein hat mit anderen Menschen. Und so kann Heimat sich wandeln und man kann eine neue Heimat finden, dort wo man sich gehalten fühlt in einem Netz intakter Beziehungen.
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