Eine Übersicht in Büchern
Heute vor genau 100 Jahren, am 4. November 1918, war das norddeutsche Kiel bereits in der Hand der aufständischen Matrosen und es wurden Soldatenräte gebildet. Für den kommenden Tag wurde der Generalstreik beschlossen. Das, was heute der Matrosenaufstand von Kiel (und Wilhemshaven) genannt wird, war in vollem Gange, mündete in der Novemberrevolution, der Abdankung des Kaisers und der Ausrufung der ersten Republik in Deutschland. So gesehen ist 1918 das Geburtsjahr unserer Demokratie. Und doch ist dieses Ereignis nur wenig im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert.
Daran sollte sich etwas ändern. Umso besser, dass im Jubiläumsjahr 2018 zahlreiche Verlage neue Bücher zur Novemberrevolution, dem Ende des Ersten Weltkrieges und den darauf folgenden Geschehnissen publiziert haben.
Hier eine Auswahl neuer (aber auch älterer) Bücher zur Novemberrevolution 1918
Wolfgang Niess
Die Revolution von 1918/19
Der wahre Beginn unserer Demokratie
Europa Verlag, München 2017
464 Seiten
24,90 EUR
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Der Aufstand beginnt bei der deutschen Hochseeflotte, als Matrosen sich weigern, trotz der bereits feststehenden Kriegsniederlage zu einem letzten Gefecht gegen die britische Royal Navy auszulaufen. Er verbreitet sich in wenigen Tagen über das ganze Deutsche Reich und erreicht am 9. November 1918 Berlin. Hunderttausende Arbeiter demonstrieren, die Garnisonen schließen sich an, der Reichskanzler gibt die Abdankung des Kaisers bekannt, die Monarchie bricht zusammen, die Republik wird ausgerufen. Ziel der Revolutionsbewegung ist nicht die Diktatur des Proletariats. Sie will den preußischen Militarismus und die Reste des Kaiserreichs in Verwaltung, Justiz, Schulen und Universitäten beseitigen und eine von Grund auf demokratische Gesellschaft schaffen. Die Angst vor einer bolschewistischen Weltrevolution verhindert schließlich, dass der vorhandene Spielraum zu einer wirklichen Entmachtung der etablierten Kräfte genutzt wird, aber die erste Demokratie in Deutschland ist erfolgreich installiert. Wolfgang Niess schildert so lebendig wie sachkundig die friedliche und erfolgreiche Revolution, der wir die erste deutsche Republik verdanken. Zudem macht er deutlich, warum sie bis heute weitgehend verkannt, instrumentalisiert oder vergessen wurde. Die Zeit ist reif, sie als größte Massenbewegung in der deutschen Geschichte zu würdigen. Zum 100-jährigen Jubiläum: das aktuelle Werk über die große deutsche Revolution 1918/19 Der Aufstand der Massen – eine Sternstunde der Freiheitsbewegung und der Beginn der parlamentarischen Demokratie in Deutschland Jahrzehntelang vergessen, verschwiegen, für politische Zwecke instrumentalisiert – jetzt in ihrer wahren Bedeutung gewürdigt.
Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich
1918
Die Deutschen zwischen Weltkrieg und Revolution
Ch. Links Verlag, Berlin 2018
312 Seiten, 25,00 EUR
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Nach vier Jahren eines blutigen Krieges kollabiert das kaiserliche Deutschland 1918 beinahe über Nacht – nahezu widerstandslos, geradezu fatalistisch. Warum? Dieses Buch lässt hautnah miterleben, wie die Zeitgenossen das dramatische letzte Jahr des Ersten Weltkriegs wahrnahmen, das mit neuen Hoffnungen auf einen militärischen Sieg begann – und mit der endgültigen Niederlage, Revolution und Bürgerkrieg endete. Tagebucheinträge und Briefe, Bilder und Dokumente machen die gegensätzlichen Haltungen und Erfahrungen in der Kriegsgesellschaft anschaulich: die Gewalt an der Front und der Hunger in der Heimat, der Zynismus der militärischen Führung und die Illusionen vieler Bürger, Veränderungswille und die Furcht vor “russischen Verhältnissen”. Eingebettet ist dieses faszinierende Panorama in Überblicke zum Verlauf und den Konsequenzen des Jahres 1918.
Klaus Gietinger
Der Konterrevolutionär
Waldemar Pabst – eine deutsche Karriere
Edition Nautilus, Hamburg 2009
539 Seiten, 39,90 EUR
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Waldemar Pabst (1880 – 1970) ist der Inbegriff des Konterrevolutionärs. Als Offizier, politischer Organisator und Waffenhändler war er maßgeblich beteiligt an der Niederschlagung der Novemberrevolution und an der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. Klaus Gietingers sorgfältig recherchierte Biografie ist ein Schlüsselwerk zur deutschen Geschichte.
Ben Hecht
Revolution im Wasserglas.
Geschichten aus Deutschland 1919
Berenberg Verlag, Berlin 2006
106 Seiten, 19.00 EUR
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Ben Hecht war vierundzwanzig, aber schon ein mit allen Wassern gewaschener Journalist aus Chicago, als er 1918 nach Deutschland geschickt wurde, um aus einem unbekannten Land zu berichten, das gerade den Ersten Weltkrieg verloren hatte. Als er es zwei Jahre später verließ, wußte er Bescheid: Nicht nur über die Deutschen und die Ereignisse um die Novemberrevolution in Berlin und die Räterepublik in Bayern. Er sah auch, daß dies keine Vorboten einer lichten Zukunft waren, sondern eher das Wetterleuchten einer Zeit, in der sich die deutsche Lust am Peitschenknall der Autorität austoben sollte. Der Witzbold und Optimist Ben Hecht aber fand trotzdem viele Freunde: Aristokraten, die ihm ein Flugzeug beschafften, verschwörerische Oberkellner, sanfte Dichter, vor allem aber George Grosz, Dada-Fürst, Maler und Freund für’s Leben.
Klaus Gietinger
Eine Leiche im Landwehrkanal
Die Ermordung Rosa Luxemburgs
Edition Nautilus, Hamburg 2009
190 Seiten, 13,90 EUR
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Die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ist eine der großen Tragödien des 20. Jahrhunderts. Kaum ein politischer Mord hat so sehr die Gemüter bewegt und das politische Klima in Deutschland verändert wie jener in der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1919 vor dem Hotel mit dem paradiesischen Namen Eden. Der Mord war Auftakt für weitere politische Morde, da begann jener schauerliche Zug von Toten, fortgesetzt im März 1919, und ging weiter die ganzen Jahre und Jahre, Gemordete und Gemordete«, wie Paul Levi es 1929 in seinem berühmten Plädoyer im Prozess um die Hintergründe des Mordes formulierte.
Der Fall Luxemburg/Liebknecht war sozusagen der Sündenfall, »in dem Mörder mordeten und wussten, die Gerichte versagen« (Levi). Über Jahre hinweg folgten Verdrehungen, Verdunkelungen, Vorschubleistungen, falsche Verdächtigungen und Selbstbezichtigungen der Tat. Insbesondere der Prozess vor dem Kriegsgericht der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, der die Mörder selbst angehörten, eine Justizposse, machte aus der Tragödie eine Groteske, an der so mancher Sozialdemokrat kräftig mitwirkte. Als in den Zwanzigern das Eingeständnis eines Beteiligten und einige Jahre später mehrere Prozesse erstes Licht ins Dunkel brachten, war auch dies von juristischen Eiertänzen und politischen Rückzugsgefechten begleitet. Und so musste Ossip K. Flechtheim 1948 resigniert konstatieren: »Wie sich im einzelnen die politische, moralische oder juristische Verantwortung auf die verschiedenen Richtungen verteilte, wird wohl eindeutig nie mehr festgestellt werden können.«
Doch dann meldete sich, 1959 erst im kleinen Kreis und 1962 öffentlich, mit Waldemar Pabst einer der Verantwortlichen zu Wort, plauderte aus dem Nähkästchen und erntete wütende Proteste wegen der Dreistheit seines Geständnisses. Als dann 1966 Joseph Wulf die verloren geglaubten Akten des Kriegsgerichts der GKSD und weitere Akten der Staatsanwaltschaft aus den Jahren 1921 bis 1925 entdeckte, konnte, wenn auch gegen Widerstände, die Tat aufgeklärt werden als das, was sie war: brutaler Mord.
Klaus Gietingers Realkrimi über die Ermordung Rosa Luxemburgs ist das spannend zu lesende und reich illustrierte Standardwerk, das die Hintergründe der Tat erklärt, Täter und Drahtzieher vorstellt und deren Karrieren bis zu ihrem Ableben verfolgt.
Klaus Gietinger
NOVEMBER 1918
Der verpasste Frühling des 20. Jahrhunderts
Mit einem Vorwort von Karl Heinz Roth
Edition Nautilus, März 2018
272 Seiten, 18,00 €
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100 Jahre nach dem November 1918 spricht man nur noch vom »Kriegsende«, vom »Zusammenbruch des Kaiserreichs«.
Dabei war die Novemberrevolution tatsächlich ein Aufbruch, ein Aufbäumen gegen die herrschenden Klassen. Matrosen, Soldaten und Arbeiter waren noch bewaffnet – und sie hatten genug von den alten Eliten, sie wollten das allgemeine Wahlrecht, die Sozialisierung, die Zerschlagung des Militarismus und die Revolution – ein für alle Mal, jetzt oder nie!
Klaus Gietinger ruft in Erinnerung, wie die Führung der SPD und der Gewerkschaften den Krieg hingegen bis zum Schluss unterstützten und die Ordnung durch ein Bündnis mit den Militärs aufrechterhalten wollten. Diese unversöhnliche Spaltung der Arbeiterbewegung aber hat der Novemberrevolution den Todesstoß versetzt. Das Ergebnis waren auf Rache sinnende Herrschende in Wirtschaft, Verwaltung und Militär, die den verlorenen Krieg ihren zeitweiligen Verbündeten in den Arbeiterbürokratien geschickt anlasteten und auf eine Diktatur mit neuerlichem Weltmachtsstreben und Krieg hinsteuerten.
Dabei war der Kapitalismus auch international nie so gefährdet wie im November 1918. In zahlreichen europäischen Staaten begehrten die Massen auf. Wäre es in Deutschland gelungen, Basisdemokratie und echte Rätemacht zu verwirklichen, hätte die russische Oktoberrevolution eine Chance auf Humanisierung gehabt, und das 20. Jahrhundert hätte ganz anders verlaufen können.
»Klaus Gietinger gibt einen konzentrierten Überblick über die wesentlichen Etappen der revolutionären Nachkriegskrise, die zu Unrecht auf ihren Auftakt von Anfang November 1918 verkürzt wird.«
Karl Heinz Roth
Was verbindet Ihr mit dem Jahr 1918? Habt Ihr weitere Leseempfehlungen?
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