Rezensionen Sachbuch

Technologischer Totalitarismus

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Modern Times. Werden wir vom Fortschritt überrollt?

Die digitale Revolution ist mit Sicherheit die größte Veränderung unseres Alltagslebens und unserer Arbeitswelt seit der Industrialisierung. Nie zuvor waren wir in der Lage, nahezu jegliche Information von jedem Ort aus abzurufen, nie so umfassend kommunizieren. Diese Entwicklung hat solche Medien wie etwa diesen Blog erst möglich gemacht. Aber sie birgt auch Gefahren und fordert, wie Martin Schulz im Vorwort zum von Frank Schirrmacher herausgegebenen Buch “Technologischer Totalitarismus” schreibt, “unsere Gesellschaft in ihrer Gesamtheit heraus: unsere sozialen Beziehungen, unsere Art des Wirtschaftens, unsere Arbeitswelt, unsere Werte, unsere Kultur und unser Denken.” Neben ungeahnten Chancen stünden Gefahren, “die angesichts der Monopolansprüche globaler Konzerne und Massenüberwachung durch die Geheimdienste drohen.” 

Nun können wir uns der Digitalisierung gar nicht mehr wirklich entziehen, außer wir entscheiden uns für ein Leben als Aussteiger in einer Blockhütte im Wald. Wer E-Mails schreiben, ein Bankkonto nutzen oder ein Smartphone kaufen möchte, kann sich der Digitalisierung nicht entziehen.

Technologischer Totalitarismus enthält die Beiträge einer längst überfälligen Debatte – geführt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von namhaften Persönlichkeiten wie Hans Magnus Enzensberger, Sigmar Gabriel, Sascha Lobo, Shoshana Zuboff, Frank Schirrmacher oder Juli Zeh. Etwas schade ist die Tatsache, dass die Beiträge in dem Buch chronologisch geordnet sind und nicht thematisch. Insgesamt hat man den Eindruck, dass es bei dieser Debatte um nahezu alles geht – um Big Data, Datenschutz, Überwachung, Terrorismus und die zukünftige Entwicklung der Medien.

Oftmals beziehen sich die einzelnen Beiträge aber aufeinander, was eine gute Debatte ja auch mit ausmacht. Was allerdings im Unklaren bleibt, sind Lösungsstrategien. Wie sollen wir nun als Gesellschaft mit den Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung umgehen? Darauf gibt es keine konkreten Antworten.

 

7434Hg.: Frank Schirrmacher
Technologischer Totalitarismus – Eine Debatte
Mit Texten von Mathias Döpfner, Hans Magnus Enzensberger, Sigmar Gabriel, Sascha Lobo, Evgeny Morozov, Frank Schirrmacher, Eric Schmidt, Juli Zeh und vielen anderen.
edition Suhrkamp
Erschienen: 09.05.2015
Klappenbroschur, 283 Seiten

 

Frank Schirrmacher

Frank Schirrmacher wurde 1959 in Wiesbaden geboren. Er studierte in Heidelberg und Cambridge und promovierte an der Universität Siegen.

1984 erhielt er von FAZ-Herausgeber Joachim Fest eine Hospitanz bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und wurde im Juli 1985 Redakteur in deren Feuilleton-Redaktion. Ab 1994 war er Mitherausgeber der FAZ und verantwortlich für das Feuilleton.

Schirrmacher starb 2014 an den Folgen eines Herzinfarkts.

Werke

  • Schrift als Tradition. Die Dekonstruktion des literarischen Kanons bei Kafka und Harold Bloom. Universität-Gesamthochschule Siegen, Dissertation, 1987
  • Als Herausgeber: Verteidigung der Schrift. Kafkas „Prozess“. edition suhrkamp Nr. 1386, Frankfurt am Main 1987
  • Marcel Reich-Ranicki. Sein Leben in Bildern. Eine Bildbiographie. DVA, Stuttgart 2000
  • Das Methusalem-Komplott. Karl Blessing Verlag, München 2004
  • Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft. Karl Blessing Verlag, München 2006
  • Payback. Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen. Karl Blessing Verlag, München 2009
  • Als Herausgeber zusammen mit Thomas Strobl: Die Zukunft des Kapitalismus. edition suhrkamp Nr. 2603, Berlin 2010
  • Ego: Das Spiel des Lebens, Karl Blessing Verlag, München 2013
  • Technologischer Totalitarismus, eine Debatte, herausgegeben von Frank Schirrmacher. Suhrkamp, Berlin 2015

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