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Über das Liegen und Lesen in Hängematten

hängematte garcia marquez

Sie sah ihn von derselben Hängematte aus, in der gleichen Stellung, in der ich sie in den letzten lichten Momenten ihres Alters hingestreckt fand, als ich in dieses vergessene Dorf zurückgekehrt war, um den zerbrochenen Spiegel der Erinnerung aus den vielen verstreuten Scherben wieder zusammenzusetzen. […]

Sie lag auf der Seite, hielt sich an den Hanfstricken am Kopfende der Hängematte fest, um sich aufrichten zu können, und im Dämmerlicht hing dieser Geruch nach Taufkapelle, der mich am Morgen des Verbrechens überrascht hatte.

Gabriel García Márquez – Chronik eines angekündigten Todes

In so gut wie jedem Roman Gabriel García Márquez’ spielt sie eine, wenn auch passive Rolle: die Hängematte. Nun ist das auch kein Wunder, schließlich ist Márquez in Kolumbien geboren und auch der Großteil seiner Erzählungen und Romane spielen hier. In seinen Memoiren “Leben, um davon zu erzählen” etwa berichtet er von dem Haus seiner Kindheit, dem Haus seiner Großeltern, in dem jeder ganz nach Bedarf seine Hängematte irgendwohin hängt. In Kolumbien wie in ganz Südamerika ist die Hängematte nicht nur weit verbreitet, hier kommt sie auch her. Zwar liegt noch immer im Dunkeln, wer genau sie erfunden hat, doch sicher ist, dass die von mittel- und südamerikanischen Völkern bereits als Schlafgelegenheit genutzt wurde, als die Europäer vor 500 Jahren nach Amerika kamen.

“… han inventado los idios el dormir colgados en el aire, sobre una red“
(„erfunden haben die Indianer das Schlafen in der Luft schwebend in einem Netze“)

Jesuitenpater José Gumilla (1741)

Die Hängematte, auch hamaca genannt, war nicht nur Schlafplatz. Die Maya und wahrscheinlich auch andere indigene Völker in Süd- und Mittelamerika nutzten sie, da sie aus Netz bestand, auch zum Fischen. Die Tainó aus dem heutigen Haiti sollen ihre Verstorbenen gar in Hängematten bestattet haben. Die Hängematte spielte also eine große Rolle im Leben ihrer Schöpfer. Nach der Eroberung Amerikas kam die Hängematte schließlich auch nach Europa.

Ganz so wichtig wie etwa den Taibó ist mir die Hängematte nicht, dennoch ist sie ab Frühling einer meiner Lieblingsplätze zum Entspannen und Lesen im Garten.

Und hier ein Buchtipp zum Thema Hängematte:

Daniel Pennac
Der Diktator und die Hängematte
kiWi, 2005

“Ein Perpetuum mobile der Phantasie. Es könnte die Geschichte eines Diktators sein, der an Agoraphobie leidet und sich doubeln lässt. Es könnte die Geschichte des Doubles sein, das sich seinerseits doubeln lässt. Aber es ist in erster Linie die Geschichte des Autors, der in einer Hängematte dem allem hinterherträumt. Und es ist eine Hymne auf die Hängematte.”


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