Lateinamerika Lyrik Rezensionen

Natalia Carvajal Saavedra – 20 Séparée

“Wir entstammen derselben Erde. Nur: Ich bin die Topfpflanze am Rande jeder Fensterbank, Du, ewiglich verwurzelter Baum.”

So schreibt Natalia Carvajal Saavedra in einem fiktiven Brief an den großen chilenischen Dichter Pablo Neruda. So wie Neruda stammt auch sie aus Chile. Während der Pinochet-Diktatur flüchtete sie mit ihren Eltern über den Atlantik, studierte Germanistik, Amerikanische & Englische Literatur und Lateinamerikastudien in Berlin und Frankfurt am Main, schloß ihr Studium mit einer Arbeit über Thomas Mann an der J.W. von Goethe-Universität ab.

Debüt im Frankfurter Zambon-Verlag

In diesem Jahr ist mit 20 Séparée ihr erster Gedichtband im Frankfurter Zambon-Verlag erschienen. Wie bereits aus dem Titel zu schließen ist, finden sich hierin zwanzig Gedichte, in denen Natalia Carvajal sich mit unserer heutigen Lebenswelt, aber auch mit der eigenen Verortung in dieser Welt auseinandersetzt. Mit Sicherheit spielt auch ihre eigene Emigrationserfahrung eine Rolle, wenn sie schreibt:

verloren aus schläuchen deiner tränen
verloren auf dem falschen kontinent
falsch war die erde,

war die fremde geburtserde,
die dich verschlang,
grausame,
die mir einst liebstes nahm

Ihre Art wirkt experimentell: Poesie vermischt mit der Sprache des Internets. Ihre Worte sind mit Bedacht gewählt. Die Sätze regen zum Nachdenken und Hinterfragen an. Immer wieder empfand ich, mich in ihren Worten wiederzufinden. 20 Séparée war in jedem Fall ein Buch, das ich gerne gelesen habe, obwohl ich nur selten Lyrik lese. Das rechne ich Natalia Carvajal umso höher an.

carjaval_20_separeeNatalia Carvajal Saavedra
20 Séparée
Zambon Verlag
Frankfurt am Main, 2017
EUR 15,-

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